Versuch und Irrtum heisst nichts anderes, als dass du etwas Neues so lange ausprobierst, bis du weisst wie es geht. Dazu gehört aber auch, dass du Dinge versuchst, die dich nicht zum Ziel führen.
Versuch und Irrtum ist ein toller Ansatz, wenn du etwas unbedingt erreichen möchtest, du aber noch nicht weisst, wie du dorthin kommst. Da ist die Motivation selbstverständlich hoch, es solange zu versuchen, bis du die Lösung hast. Und du wirst dich auch von Rückschlägen nicht entmutigen lassen. Kennst du das Ziel jedoch nicht oder ist es dir nicht wichtig genug, so ist diese Suche nach dem Weg für dich frustrierend und du wirst irgendwann enttäuscht und vielleicht wütend aufgeben.
Betrachten wir uns die Ausbildung unserer Hunde, dann finden wir genau diese Methode aber immer noch in ganz vielen Trainings. Egal ob es um Alltagsübungen, Tricks oder Unterordnung geht: Der Hund wird vor eine Aufgabe gestellt und er soll nun mit mehr oder weniger Hilfe die Lösung finden. Dabei wird er für jeden Schritt in die richtige Richtung belohnt. Wählt er eine falsche Variante, passiert im besten Fall nichts, im schlechtesten wird er dafür bestraft.
Für ihn ist es aber noch bedeutend schwerer, die Lösung zu finden. Denn im Gegensatz zu uns, kennt er weder den Weg noch das Ziel.
Ein Beispiel für Versuch und Irrtum:
Dein Hund soll lernen, dich draussen anzuschauen. Bei jedem Blick zu dir clickst du und er bekommt einen Keks. Schaut er weg, schnüffelt er am Boden oder läuft er gar weg, dann hältst du ihn mit der Leine fest und wartest, bis er dich wieder anschaut...
Wie du siehst, hat hier dein Hund viele Möglichkeiten, etwas „falsch“ zu machen, aber nur eine, das Richtige zu tun. Da ist die Trefferquote verständlicherweise eher gering. Und am Ende einer Trainingseinheit hat dein Hund so oft viel mehr Versuche ohne Belohnung ausgeführt als solche mit. Dies verbraucht nicht nur viel Zeit und Energie, es kann auch zu Enttäuschung und Frustration auf beiden Seiten führen. Gleichzeitig hat dein Hund Vieles geübt, das nicht gebraucht oder gar unerwünscht ist. Und mit etwas Pech, gefallen ihm die Varianten sogar besser als das von dir Belohnte und er wird auch später immer wieder darauf zurückkommen.
Wie aber kannst du es euch einfacher machen?
Das ist schnell gesagt: Indem du das Training so gestaltest, dass dein Hund eigentlich nur auf die richtigen Lösungsschritte kommen kann. Dann wird er nicht nur sehr viel öfters belohnt, er wird auch viel mehr Freude am Training haben und sehr viel schneller verstehen, was du von ihm möchtest. Ist dies einmal geschehen, so werden ihn auch Ablenkungen und weitere ins Training eingebaute Schwierigkeiten nicht verleiten. Immer vorausgesetzt, dass sie seinem Ausbildungsstand angepasst sind.
Natürlich wird dein Hund auch hier ausprobieren müssen, was er tun soll. Aber er wird dabei viel weniger Fehlversuche haben. Aus diesem Grund wird diese Art der Ausbildung auch „Fehlerfreies Training“ genannt. Und weil sich dein Hund dabei ganz auf den richtigen Weg konzentrieren kann, lernt er nicht nur viel schneller, er wird das Gelernte später auch viel zuverlässiger ausführen.
Im nachfolgenden Video kannst du sehen, wie ein solches fehlerfreies Training aussehen kann: Eine Ratte soll hier lernen, die weibliche Figur umzuwerfen und die männliche zu ignorieren. Deshalb wird ihr anfänglich auch nur die rosarote Figur präsentiert. Sobald sie die Aufgabe „umwerfen der Figur“ verstanden hat, wird die männliche Puppe langsam angenähert. So kann sie lernen, dass es zwar noch andere Figürchen gibt, für sie aber nur die weibliche zählt.
Wie sähe nun so ein fehlerfreies Training für dich und deinen Hund aus?
Du möchtest deinem Hund beibringen, dass er Sitzen bleiben soll, wenn du dich von ihm entfernst. Deshalb beginnst du das Training erst einmal in der Wohnung, wo es wenig Ablenkung hat und entfernst dich immer nur so weit, wie dein Hund noch ganz entspannt sitzen bleiben kann. Und natürlich belohnst du ihn für jeden noch so kleinen Teilschritt. Erst wenn er auf mehrere Schritte Distanz ruhig sitzen bleiben kann, verlängerst du die Zeit bis du zu ihm zurück gehst, bleibst aber dafür näher bei ihm. Wenn auch dies sicher klappt, legst du eine erste Ablenkung in seine Nähe (z.B. eine unwichtige Wäscheklammer, die du ihm vorher zeigst).
Fehlerfreies Lernen beim Hund heisst also, die Trainingssituation so ideal wie möglich zu gestalten und dem Hund die Hilfen zu geben, die er braucht:
Arbeite ich mit einem Gegenstand, dann positioniere oder halte ich diesen so, dass der Hund möglichst schon beim ersten Versuch eine erste Idee von der Aufgabe bekommt und ich achte darauf dass keine andere Gegenstände zugegen sind. Soll er etwas mit der Pfote berühren, bringe ich ihm erst das Pfotengeben bei und frage sie vorher kurz ab, bevor ich den Gegenstand ins Spiel bringe. Beim Lernen von etwas ganz Neuem achte ich darauf, mich so zu positionieren, dass weder ich, noch falsche Hilfen ihn aus dem Konzept bringen.
Selbstverständlich ist auch ein fehlerfreies Training nicht davor gefeit, dass der Hund einen Versuch startet, der ihn nicht zur Lösung bringt. Aber es wird auf jeden Fall wesentlich seltener vorkommen wie beim Versuch und Irrtum-Ansatz.
Natürlich braucht die Vorbereitung auf ein solches Training etwas mehr Zeit als einfach mal zu beginnen, nach dem Motto „Schauen wir mal“. Aber so, wie wir vom Hund erwarten, sich konzentriert auf unsere Trainings einzulassen, so darf auch unser Hund erwarten, dass wir uns gut vorbereiten und ihm dadurch das Lernen erleichtern.
Und ich verspreche dir, je öfter du so trainierst, desto mehr Freude wirst du daran bekommen und es wird dir immer leichter von der Hand gehen. Und jeder Belohnungsmoment für deinen Hund sagt auch dir, dass du es richtig gemacht hast. Und dank dem schnelleren Lernen machst du einen allfälligen Trainingsrückstand ganz schnell wieder wett: Beginn in der Basis und lass dir dort Zeit, dann werden dir am Ende auch die schwierigeren Schritte ganz leicht gelingen.
In dem Sinne wünsche ich dir nun ganz viel Spass beim Trainieren!
Autorin: (c) 2019 Monika Oberli, Teamschule.ch
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