GEWÖHNUNG – HABITUATION

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Jeder von uns ist täglich Reizen ausgesetzt, an die er sich so sehr gewöhnt hat, dass er sie gar nicht mehr wahrnimmt. So hören wir bspw. die Bahnlinie, die vor unserem Fenster vorbeiführt, nicht mehr oder die Kirchenglocken im Ort.

Wie kommt es, dass ein so starker Reiz, wie z.B. der vorbeirasende Zug nicht mehr wahrgenommen wird?
Die Lösung ist denkbar einfach: Das Gehirn nimmt den Reiz wahr und prüft, ob dieser Reiz gefährlich ist, ob er anderer Aufmerksamkeit würdig ist (vielleicht sogar etwas Gutes ankündigt?) oder ob er komplett ignoriert werden kann, weil er schlicht bedeutungslos ist.

Habituation ist immer gebunden an einen bestimmten Reiz.

Nehmen wir z.B. die Türklingel. Klingelt es an der Tür, läuft der Hund aufgeregt bellend dorthin.
Klingelt jedoch das Telefon oder die Wanduhr bimmelt, zeigt der Hund keinerlei Regung. In diesem Fall ist es so, dass Telefon- und Uhrklingel für den Hund keinerlei Bedeutung haben, die Türklingel jedoch Besuch ankündigt. Der Hund hat sich daran gewöhnt, dass Uhr und Telefon klingeln und weiß, dass dieses Geräusch für ihn keinerlei Konsequenz hat.

Habituation bedeutet also nichts anderes als Gewöhnung.

Habituation kann leichter und schneller stattfinden, wenn der Hund die Situation oder das Objekt als ungefährlich eingestuft hat.

Habituation findet z.B. statt, wenn dein Hund ein Objekt, bspw. einen Gartenzwerg, längere Zeit anschaut. Anfangs wird er diesen Gegenstand ausgiebig betrachten und untersuchen. Wenn ihr zu einem späteren Zeitpunkt wieder an diesem Objekt vorbeikommt, wird dein Hund nur kurz hinschauen, aber kein weiteres Interesse an dem Objekt zeigen. Das nennt man Langzeithabituation.

Habituation findet z.B. auch statt, wenn du dich mit deinem Hund an einen hochfrequentierten Ort begibst. Dein Hund reagiert auf die ersten vorbeilaufenden Menschen mit Aufregung und bellt vielleicht auch. Die Menschen beachten deinen Hund jedoch nicht und auch du reagierst in keiner Weise auf das Verhalten deines Hundes. Die Reaktion deines Hundes wird mit der Zeit immer schwächer bis er gar nicht mehr auf die vorbeilaufenden Menschen reagiert. Er hat sich für den Moment daran gewöhnt, dass da Menschen laufen. Kommst du jedoch am nächsten Tag mit deinem Hund wieder an diesen Ort, so wird dein Hund wieder auf die Menschen reagieren. Das nennt man Kurzzeithabituation. Erst, wenn dein Hund wiederholt diese Situation als ungefährlich eingestuft hat, kann Langzeithabituation stattfinden.

ACHTUNG: 

Man hört immer wieder, dass Leute sagen, sie waren mit ihrem sonst so ängstlichen Hund in der Stadt und er wäre so brav gewesen, hätte gar nicht gebellt und nur am Anfang Anzeichen von Angst gezeigt. Später aber wäre er die ganze Zeit hinter ihnen hergelaufen. Deswegen wollen sie nun öfter mit ihrem Hund in die Stadt gehen.

Doch besonders in Situationen, in denen der Hund sehr vielen Reizen ausgesetzt ist, die er als gefährlich einstuft, findet keine Habituation statt, sondern eine sogenannte Effektor-Ermüdung!

Das bedeutet nicht, dass dein Hund sich an die Reize gewöhnt hat, sondern dass der Organismus nicht mehr in der Lage ist, auf diese zu reagieren. Solche Situationen sind für den Hund eine Qual und müssen dringend vermieden werden.

Autorin: Dagmar Mariß

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