KLASSISCHE KONDITIONIERUNG

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Wenn wir unseren Hunden etwas beibringen wollen, können wir uns die klassische Konditionierung zunutze machen. Wir können z.B. gute Stimmung beim Hund auslösen oder auch Entspannung. Und das so, dass der Hund aktiv gar nichts dafür tun muss. Es passiert ihm quasi – uns Menschen übrigens auch 😉 .

Wer Lust auf ein Experiment hat, probiert mal folgendes:
Such dir einen anderen Menschen und richte einen feinen Luftstrom (ggf. mit einem Strohhalm) auf dessen Auge. Du wirst sehen, dass das Augenlid sich automatisch schließt! Nun machst du ca. 15 Wiederholungen, aber jedes Mal – kurz bevor du pustest – machst du ein Geräusch an. Nach den Durchgängen mach ruhig eine kleine Pause und dann mach das Geräusch. Du wirst sehen, dass sich das Augenlid nun auch ohne Luftstrom schließt. Glaubst du nicht? Probier es einfach aus und berichte mir gerne davon (Videos wären der Hammer dazu).

Aber was ist klassische Konditionierung eigentlich?

Bei der klassischen Konditionierung handelt es sich um ein Lernen durch Verknüpfung. Es wird eine Verbindung zwischen einem Reiz und einer Reaktion bzw. zwischen einem Reiz und einem anderen Reiz hergestellt (assoziatives Lernen).
Eine Reaktion erfolgt oft aber auch auf einen ähnlichen Reiz. Das Übertragen des erlernten Reizes auf ähnliche nennt man Generalisierung. Umso ähnlicher der Reiz, umso stärker die Reaktion.

Etwas, was vorher keine Bedeutung hatte, bekommt durch den zeitlichen Zusammenhang eine Bedeutung. Das Erste wird also die Ankündigung für das Zweite. Und der Hund (oder Mensch) reagiert nach mehreren Wiederholungen auf den zweiten Reiz genauso wie auf den Ersten.

Boah, kompliziert, oder??? Ich gestehe, ich steige gerne aus, wenn ich an solche Erklärungen komme! Wie? Reiz? Weiterer Reiz? Ähnlicher Reiz? Oh ha, ja, das REIZT mich 😛 .
Also, machen wir uns noch mal an Beispiele für Hunde und nehmen die obigen zwei Abschnitte dementsprechend auseinander.

Als Beispiel: Wir rollen eine Zeitung zusammen, weil unser Hund gerade Mist gemacht hat und schimpfen direkt drauf los und knallen die Zeitungsrolle feste dabei auf den Tisch.
Machen wir das mehrfach, haben wir auch hier wieder die Verknüpfung Zeitung -> Schimpfen/auf den Tisch knallen und die emotionale Verknüpfung Angst/Unbehagen = ungutes Gefühl.
Zeitungsrolle = Reiz wird mit Schimpfen/auf Tisch schlagen=anderer Reiz verknüpft. Das Schimpfen/auf den Tisch schlagen löst beim Hund eine natürliche Angstreaktion hervor. Wenige Wiederholungen reichen dann oft schon aus, dass unser Hund Angst bekommt, wenn wir nur eine Zeitung in die Hand nehmen (auch wenn wir vielleicht nur gucken wollen, was im Fernsehen kommt).

Noch ein Beispiel: Ertönt eine Glocke (oder der Clicker) und der Hund bekommt danach direkt ein Bröckchen Futter, dann freut er sich natürlich und schon nach den ersten Wiederholungen löst alleine die Glocke die Freude und den Speichelfluss aus – OHNE, dass das Futter da sein muss.
Glocke = Reiz wird mit Futter =anderer Reiz verknüpft. Das Futter löst beim Hund eine natürliche Reaktion hervor = Freude (Speichelfluss) und später dann Glocke = Freude (Speichelfluss)

Das heißt, wir verknüpfen bei der klassischen Konditionierung zwei Reize miteinander. Der zweite Reiz löst beim Hund immer irgendeine automatische emotionale Reaktion bzw. Körperreaktion aus. Der erste Reiz ist nach ein paar Wiederholungen in der Lage, genau dasselbe beim Hund hervorzurufen, OHNE dass der zweite Reiz noch da sein muss.
Klassische Konditionierung erfolgt unbewusst und automatisch. Es wird keine Motivation benötigt. Der Hund muss also nicht aktiv irgendein Verhalten zeigen, sondern es passiert ihm einfach.

Wichtig sind dabei allerdings die Bedingungen:

Der Zeitfaktor: 0,5 bis 2 Sekunden sollten optimalerweise zwischen den Reizen liegen (enge zeitliche Paarung = Kontiguität)
Konsequentes aufeinanderfolgen: am besten jedes Mal
Meistens benötigt es viele Wiederholungen – bei Trauma bzw. stark ängstigenden Situationen reicht aber oft ein Auslöser, um dann immer die Angst auszulösen. Ein Beispiel hierfür sind Silvesterknaller oder auch Gewitter.

Der biologische Sinn, der hinter der Funktion der klassischen Konditionierung steht, ist ein sehr logischer: Der Reiz kündigt ein Ereignis an, wo direkt eine entsprechend passende Reaktion ausgelöst wird. Deswegen machen auch angeborene Angstauslöser Sinn, weil sie z.B Leben retten.

Als Beispiel:
Zischlaute – man geht davon aus, dass Zischlaute bereits angeboren mit Angst/Flucht verknüpft sind, weil es Sinn macht, bei einer zischenden Schlange direkt auf Abstand zu gehen und nicht erstmal auszuprobieren, was eine passende Reaktion wäre.

Erwähnt werden sollte noch, dass wir natürlich nicht nur bewusst und gezielt unseren Hunden etwas über klassische Konditionierung beibringen können, sondern auch ganz viel „von alleine“ bzw. unerwünscht verknüpft wird. Kennen wir vermutlich alle: Die Kühlschranktür geht auf und dein Hund steht neben dir. Du holst die Krallenzange raus und dein Hund haut ab. Dein Hund hört draußen Geklimper von Hundemarken und ist direkt auf habacht…

Zu guter Letzt: Ist einmal Gelerntes über klassische Konditionierung für immer gelernt? Ja, ist es!
Aber es kann auch zu einer Löschung (Extinktion) kommen. Wird der erste Reiz (z.B. die Glocke) nun wiederholt gegeben, OHNE das Futter folgt, wird das Speicheln wieder aufhören. Es wird gelernt, dass die Glocke nun nicht mehr zuverlässig Futter ankündigt.
Das bedeutet aber nicht, dass die zuvor gemachte Verknüpfung einfach vergessen wird. Ein zweites Erlernen nach der Löschung geht in der Regel extrem schnell.

Autorin: Christiane Jacobs

Wer jetzt Bock bekommen hat, noch viel mehr über klassische Konditionierung zu lesen, der kann das auf den folgenden Seiten tun:
Hundeherz.ch
Spektrum.de

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