Knicka ist mein erster Hund. Als ich ihn damals als Welpe mit 10,5 Wochen bekam, da war ich voller Motivation ALLES richtig zu machen. Meine Gedanken waren: „Wenn ich das erste halbe Jahr ordentlich mit ihm trainiere, dann hab ich den Rest unseres gemeinsamen Lebens Ruhe und einen perfekten Hund an meiner Seite.“ Und „Wenn Leute „ungezogene“ Hunde an der Leine haben, dann haben die halt einfach nicht trainiert – passiert mir nicht!“
Die Bücher, die ich mir rund um Welpen besorgt hatte, vermittelten auch genau diesen Eindruck. Ganz schnell alle wichtigsten Kommandos beibringen, ab in die Welpenschule, Zoo, Bahnhof, Café, Leinenführigkeit, Rückruf und gut ist. Fertig ist der perfekte Wegbegleiter.
Und ja, ich hatte mächtige Erwartungen an meinen Hund. Ich wollte mit ihm Agility machen, joggen gehen und es sollte ihm natürlich auch alles Spaß machen. Und gut erzogen sollte er sein – sich mit anderen Hunden, aber natürlich auch mit Menschen und Kindern verstehen und glücklich mit mir durchs Leben stromern.
Wenn man mit einem (menschlichen) Partner zusammenkommt, dann schaut man, ob man Gemeinsamkeiten hat. Die gleichen Hobbys, den gleichen Lebensrhythmus…
Bei einem Hund bin ich irgendwie gar nicht so recht auf die Idee gekommen. Klar hatte ich mich im Vorfeld über die Rasse schlau gemacht. Aber der Gedanke, dass ich über Training eh alles machen kann, war im Hinterkopf und somit war für mich die Sache klar.
Und dann kam der Knicka. Wirklich süß der kleine Knopf. Okay, von Anfang an ein bisschen gesundheitlich angeschlagen, aber wirklich sehr gelehrig.
Ich weiß noch, wie sehr mich das alles unter Druck gesetzt hat, dass ich immer dachte „ich darf jetzt nichts falsch machen, dann hab ich den Hund vermurkst“. Damit hab ich mir wirklich sehr viel Spaß und Freude in den ersten Monaten genommen. Tja, und den Knicka hab ich überfordert und zwar maßlos. Viel zu viel für dieses kleine Wesen, was eine ganz eigene Persönlichkeit mitgebracht hat. Mit einer großen Stressanfälligkeit, einem sehr sensiblen Wesen und eigenen Bedürfnissen.
Und ja, es gibt so extrem viele Hunde, die sich problemlos in unsere Menschenwelt integrieren. Die scheinbar perfekt funktionieren, aber liegt das wirklich an den Menschen und ihrem Training/ihren Umgang mit dem Hund? Kann man mit jedem Hund alles erreichen?
Training hat natürlich einen großen Einfluss auf das Verhalten unserer Hunde. Ich hab Knicka zu Anfang über Druck und körpersprachliches Blocken trainiert, was bei ihm zur Folge hatte, dass er sich letztendlich kaum noch was getraut hat, weil für ihn das „bisschen“ Druck schlichtweg schon zu viel war. Und er hat sich mir immer mehr entzogen, hatte kein Vertrauen, weil ich für ihn nicht kalkulierbar war.
Knicka ist immer noch sehr gelehrig und der beste Hund, den ich mir an meiner Seite vorstellen kann. Aber ich habe gelernt, dass ich ein eigenständiges Wesen vor mir habe, dass in seiner ganz eigenen Welt lebt. Er hat z.T. ganz andere Bedürfnisse als ich und möchte diese – genauso wie ich das auch will – ausleben. Und wir stoßen an Grenzen. An Grenzen im Training, da er manche Situationen einfach nicht bewältigen kann, weil er in dem Moment zu gestresst ist, weil ihn andere Hunde gruseln oder, oder, oder…
Das liegt nicht an meinem Training! Nein, das liegt an der Persönlichkeit von Knicka, was wir erlebt haben und was er mitgebracht hat.
Ich habe meine Erwartungen an einen Hund extrem zurückgeschraubt, weil ich schlichtweg lernen musste, dass man kein Lebewesen perfekt hinbekommt. Und ich würde mir wünschen, dass das noch viel mehr Menschen erkennen. Sehr oft erlebe ich in meinem Alltag, dass Menschen von ihren Hunden perfektes Verhalten erwarten. In ALLEN Situationen. Dass sie sich zurücknehmen, ihre Bedürfnisse NICHT ausleben und zu allen lieb und nett sind.
Mal ganz ehrlich: Wie oft schaffen wir Menschen das? Wer, der das hier liest, ist perfekt und hat sich immer im Griff?
Wichtig in unserem Zusammenleben mit Hund ist, dass wir respektieren, dass unsere Hunde vielleicht nicht alles leisten können, was wir uns vorgestellt haben und das wir Spaß zusammen haben. Unsere Hunde sind so kurz bei uns! Ist es da nicht toll, wenn wir der beste Freund unseres Hundes werden?
Um unseren Hunden gerecht zu werden, sollten wir uns mit ihrer Körpersprache auseinandersetzen und uns auch mit den Lerngesetzen beschäftigen. Mir z.B. war damals schlichtweg nicht klar, wie Hunde lernen, warum sie Verhalten zeigen und wie man dieses ändern kann.
Stöbert durch die Website, nehmt so viel Input mit, wie ihr braucht! Wenn ihr Hilfe benötigt, dann holt euch Unterstützung von einem guten Trainer! Und achtet darauf, dass ihr in euerm Zusammenleben Spaß habt – Qualitätszeit – egal wie viele Baustellen ihr habt. Es gibt immer auch was Positives.
Autorin: Christiane Jacobs
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