Das Jagdverhalten unserer Hunde kommt aus dem Funktionskreis des Nahrungserwerbes und ist genetisch fest verankert. Streng genommen handelt es sich dabei um eine Verhaltenskette, die sich aus mehreren Sequenzen zusammensetzt:
Orientieren - Fokussieren - Beschleichen - Hetzen - Packen - Töten - Zerlegen - Fressen
Dabei steigt die Erregung des Hundes im Verlauf dieser Verhaltenskette an, da im Körper das Hormon Dopamin ausgeschüttet wird und der Spiegel sich stetig erhöht. Mit dem Fressen sinkt das Erregungslevel dann wieder ab, hier kommen wieder andere Hormone als Ausgleich mit ins Spiel.
Je nach Hunderasse sind einzelne Teile aus dieser Verhaltenskette mehr oder weniger stark beim individuellen Hund ausgeprägt.
Heute möchte ich einmal auf die Körpersprache in den einzelnen Sequenzen eingehen.
Orientieren:
Der Hund läuft entspannt neben Dir auf dem Waldweg und plötzlich nimmt er über Augen, Ohren oder Nase einen interessanten Reiz wahr. Schlagartig erhöht sich dann die Körperspannung des Hundes. Meist friert er sofort in der Bewegung ein, den Kopf hat er angehoben, Augen und Ohren sind gebannt auf den Ort ausgerichtet, aus dem das Geräusch gekommen ist, der Fang ist geschlossen. Handelt es sich um eine geruchliche Spur, so saugt der Hund sich förmlich mit der Nase am Boden fest, die Rute wird aufrecht oberhalb der Rückenlinie getragen und der Hund läuft zügig im Zick-Zack hin und her.
Durch den Zick-Zack - Lauf versucht er festzustellen, aus welcher Richtung der Duft kommt.
Fokussieren:
Hat Dein Hund das Wild erspäht oder über die Nase ausgemacht, so wird er die Körperspannung in der Regel weiter erhöhen, den Kopf etwas absenken und sich gerade mit dem gesamten Körper auf den Auslöser ausrichten. Hierbei ist es egal, ob es sich um eine Maus, eine Ente oder ein Reh handelt. Kopf, Rücken und Rute bilden dann eine gerade Linie, Ohren und Augen sind fest auf das Wild ausgerichtet. Viele Hunde verharren so mit angehobener Vorderpfote in der sogenannten Vorstehhaltung.
Lässt man den Hund ein Stück Futter oder ein Spielzeug belauern, kann man auch gut beobachten, wie sich die Augen und die Pupillen weit öffnen.
Beschleichen:
Nachdem der Hund das Wild nun endgültig geortet und dessen Standort angezeigt hat, folgt die langsame Annäherung. Die Körperspannung bleibt unverändert hoch, meistens behält der Hund auch das Wild fest im Blick und bewegt sich in Zeitlupentempo näher an die vermeintliche Beute an.
Der Kopf bleibt auch hier gesenkt auf oder kurz über der Rückenlinie, die Rute senkt sich meist ab, die Pfoten werden einzeln und sehr langsam vorwärts gesetzt, wobei der Hund darauf bedacht ist, dass er keine Geräusche verursacht. Meistens verharrt er immer wieder in der Bewegung und hat Ohren, Augen und Nase unverändert nach vorne ausgerichtet.
Hetzen:
Setzt die anvisierte Beute zur Flucht an und entfernt sich, wird der Hund ihr nachsetzen. Dabei sind die Sprünge meistens lang und flach, der Körper bleibt eher gerade und auch hier auf die Beute ausgerichtet. Tempo und Körperspannung sind hoch, je nach Hunderasse wird dabei ein heulender Bellton ausgestoßen, der sogenannte “Spurlaut”, der dem Jäger anzeigen soll, wo sich Hund und Wild gerade befinden.
Hinweis: Wenn ich von “Beute” schreibe, so ist hier ebenso auch Spielzeug gemeint, das hervorragend als Ersatz im Training eingesetzt werden kann. Der Hund wird in der Regel die von ihm bevorzugten Teile des Jagdverhaltens auch hier zeigen und kann sein Jagdverhalten so ausleben, ohne dass Wildtiere zu Schaden kommen.
Auch die nachführenden Sequenzen beziehen sich nicht auf lebende Tiere, sondern auf Spielzeug oder andere Ersatzbeute.
Packen:
Hat der Hund die begehrte Beute erreicht, wird er sie mit weit geöffnetem Fang packen und festhalten. Das Verfolgen endet damit automatisch, häufig ist ein Umhertragen und Schütteln der Beute zu beobachten, was der Hund eben auch an Dummys, Stofftieren oder anderem Spielzeug zeigt. Dabei sind Kopf und Rute angehoben, manchmal wirft Dein Hund jetzt auch den Kopf in den Nacken, so als wollte er seine Trophäe präsentieren.
“Töten”, Zerlegen & Fressen
Hat der Hund das Spielzeug bzw. die Beute erlegt, so folgt das Zerlegen.
Dabei hält der Hund mit einer Pfote den Gegenstand am Boden fest und zerrupft ihn mit dem Fang. Das tun sie in der Regel mit großer Leidenschaft und ruckartigen Bewegungen.
Die Rute ist hier entweder angehoben, was dann noch auf die Aufregung der Jagd schließen lässt, sie kann aber auch eher an die Analregion angedrückt sein, wenn der Hund sehr konzentriert ist. Er wünscht dann gerade keine Kontaktaufnahme und “verschließt” sich nach hinten.
Manche Hunde übertragen diese Sequenz aus dem Jagdverhalten auch sehr gerne auf Papier oder Pappe, weshalb man ihnen z.B. mit in Papier eingewickelten Leckerbissen eine große Freude machen kann. Auch ein Spielzeug mit Fell wird gerne berupft, andere Hunde zergeln gerne mit einem Artgenossen oder ihrem Menschen. Auch das ist ein Weg, die Beute gemeinsam zu zerlegen.
Autor: Nadine Schiffer
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