Markierverhalten – und was da alle hinter steckt.

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Als Hundemenschen kennen wir das wohl alle. Unsere Hunde markieren. Der eine mehr, der andere weniger. Rüden sowie Hündinnen. Dafür werden zum einen Urinmarken abgesetzt, aber auch über den Kotabsatz werden Informationen an die Umwelt abgegeben.
Gerade von Rüden – aber auch von einigen Hündinnen – werden senkrechte Gegenstände für die Urinmarken bevorzugt, wie z.B. Baumstämme, Laternenpfähle, Mauern, Grasbüschel usw., das liegt vermutlich daran, weil die Hunde ihren Urin gerne erhöht absetzen möchten.

Bei kleineren Hunden sieht man dabei zum Teil wirklich wilde Turnereien, wie z.B. einen „Handstand“. Ob die Hunde das nun tun, damit sie größer wirken oder einfach nur, damit der Geruch möglichst weit und gut wahrgenommen wird, ist unklar. Fakt ist aber, dass er dadurch natürlich mehr auf Nasenhöhe ist und von den anderen Hunden bei ihren Umwelterkundungen besser wahrgenommen wird.

Unklar ist auch, warum Hunde nach einer Markierung häufig scharren. Vielleicht möchten sie damit die Stelle optisch sichtbar machen oder Geruchsmoleküle – die zusätzlich über die Pfotenballen abgegeben werden – verteilen, um so darauf aufmerksam zu machen.

Was steckt dahinter? Warum markieren unsere Hunde?

Das Markierverhalten beginnt mit der Geschlechtsreife. Bei Rüden zu erkennen am Heben eines Hinterbeins und bei Hündinnen an der ersten Läufigkeit. In der Regel werden deutlich kleinere Mengen an Urin abgegeben, als wenn sich gelöst wird, um die Blase zu entleeren.
Beim Thema Läufigkeit ist zu erwähnen, dass im Urin Botenstoffe sind, sogenannte Pheromone. Diese locken dann mögliche Sexualpartner an, wenn die Hündin während ihrer Läufigkeit markiert. Beobachten kann man dann sehr häufig, wie Rüden an solchen Stellen sehr intensiv schnüffeln und auch lecken. Das ist völlig normales Hundeverhalten. Die enthaltenden Infos der Markierung werden so an das Jacobson-Organ weitergegeben, mit dem der Hund quasi den Geruch schmecken kann.

Aber nicht nur während der Paarungszeit dienen die Markierungen unseren Hunden als Kommunikationsmittel. Kot und Urin werden als optische und geruchliche Markierungen genutzt.
Der Hund gibt über seine Markierung viele Informationen über sich selbst an Artgenossen weiter.
Beispielsweise über sein Alter, seinen Gesundheitszustand, das Geschlecht, Status der Hormone (bei Hündinnen) und zum Beispiel auch, zu welchem Zeitpunkt sie vor Ort waren. Sie nehmen auch wahr, um wen es sich handelt und ob sie denjenigen kennen oder ob es ein neuer Kontakt ist.
Bei unseren Hunden geht es somit häufig um die Kommunikation mit Artgenossen und da gibt es eine ganze Reihe von Beobachtungen.

So kann man beobachten, wenn sich Hundefreunde – also bekannte Hunde – treffen, dass diese häufig gemeinsame Markierungen absetzen. Der eine pinkelt und der nächste macht dazu. Man vermutet, dass damit der Außenwelt gezeigt wird, dass man gemeinsam unterwegs war. Körpersprachlich sieht man dabei oft entspannte und weiche Körper, parallel ausgerichtete Körperachsen und nichts, was auf Anspannung hindeutet.

Bei einem Treffen von fremden Hunden, können Urinmarken den direkten Kontakt ersetzen. Dafür wird eine Stelle in der Nähe von einem Hund markiert und der andere bekommt darüber erste Informationen, ohne in den Direktkontakt zu müssen. Nach dem Erschnüffeln siehst du häufig, dass der dann auch dort pinkelt und der andere wiederum dann gucken/schnüffeln geht.
Sind diese ersten Informationen „interessant“, geht es dann in den direkten Kontakt. Oftmals kann man aber auch beobachten, wie die Hunde nach einem gegenseitigen Markieren und aufnehmen der Infos, einfach wieder ihrer Wege gehen, ohne den Abstand zum anderen abgebaut zu haben.

Für unsichere Hunde ist übrigens ein Nachschnüffeln in Begegnungen auf Distanz extrem hilfreich. Dafür lässt man einfach den Hund in sicherem Abstand ein Stückweit hinter dem anderen herschnüffeln, gerne auch an dessen Markierung. Diese „Hundebegegnungen light“ sind extrem hilfreich, weil der unsichere Hund die Möglichkeit bekommt, ohne direkten Kontakt zu „schauen“, wer das denn jetzt war. Somit kann man auch solchen Hunden indirekte Kontakte ermöglichen, die aus welchen Gründen auch immer, nicht zu anderen Hunden hinkönnen oder wollen.

Eine weitere „Art“ von Markierungen kann man beobachten, wenn gleichgeschlechtliche Hunde aufeinandertreffen. Diese stehen ja aufgrund des tief verankerten Wunsches, die eigenen Gene weitervererben zu müssen, in Konkurrenz zueinander. Dabei spielt es auch nicht zwingend eine Rolle, ob der Hund kastriert ist. So kann ich das bei meinem auch nach der Kastration immer noch beobachten.

Die Hunde treffen schon angespannt aufeinander und du kannst beim Markieren beobachten, wie die Beine der Hunde durchgedrückt sind, Rute und Kopf hoch erhoben, direkter Blickkontakt zum Gegenüber und häufig nach dem Pinkeln auch ein angespanntes Scharren.
Im Alltag sehe ich das tatsächlich meist, wenn irgendwo in dem Gebiet eine läufige Hündin unterwegs ist. Dann wird auch deutlich mehr markiert – übrigens auch von den Hündinnen.
Ein direkter Kontakt macht jetzt eher weniger Sinn, das kannst du auch nochmal in der Ausgabe 03/22 zum Thema Hundebegegnungen nachlesen.

Aber es geht nicht nur um Kommunikation mit Artgenossen!

Die Markierungen haben auch oftmals einen informativen Hintergrund für den Hund selbst. So kann man beobachten, dass Hunde sich Stellen markieren, wo sie z.B. Fressbares verbuddelt haben.
Oder Dinge, die ihnen im Vorfeld gruselig waren, werden nach dem Erkunden angepinkelt. Man vermutet, dass das dem Wiedererkennen dient bzw. dem Aufbringen des eigenen Geruchs. So erklärt man sich auch das Markieren von anderen Hunden, wo gerade Rüden gerne Hündinnen markieren.

Ist ein Hund gestresst, kann es sein, dass er deutlich häufiger pinkelt. Das dient zum einen dem Stressabbau. Man weiß aber auch, dass der eigene Uringeruch beruhigend auf unsichere Hunde wirkt. So kann es gut sein, dass zuhause auch mal die Liegestätte markiert wird, schlichtweg um sich dort wohler zu fühlen.
Meinem Hund hilft es z. B. auch, wenn er im eigenen Garten die Grundstücksecken markiert. Meiner Beobachtung nach, fühlt er sich dann sicherer – denn so zeigt er, dass er dort wohnt. Macht irgendwie ja auch Sinn, wir machen ja auch ein Klingelschild an die Tür und zeigen damit, dass das unser Zuhause ist.

Plötzliche Veränderung im Markierverhalten

Kommt es zu plötzlichen Veränderungen im Markierverhalten, also z.B. zu Unsauberkeit im Haus, steckt da sehr häufig ein gesundheitliches Problem hinter. Das sollte also zuallererst mit einem guten Tierarzt abgeklärt werden.
Aber auch Stress kann Unsauberkeit auslösen. Dafür können ein Umzug, der Einzug eines neuen Familienmitglieds (egal, ob zwei- oder vierbeinig), ein veränderter Tagesablauf oder sonstige, für uns vielleicht sogar nur sehr kleinen Veränderungen, verantwortlich sein.
Auch hier dient es dann wieder sehr wahrscheinlich dem Stressabbau und zeigt uns Menschen, dass der Hund in dem Moment mit der veränderten Situation einfach nicht zurechtkommt und unsere Hilfe braucht.

Das in solchen Situationen häufig unterstellte Protestpinkeln, halte ich übrigens für absoluten Blödsinn. Wenn man sich mal anschaut, wie wichtig Urinmarken für unsere Hunde sind, dann ist es völlig abwegig, dass sie verstehen können, dass wir uns über so etwas aufregen und es als unangenehm empfinden. Extra und um uns eins auszuwischen, machen Hunde also ganz sicher nicht auf unseren Lieblingsteppich!

Pinkeln zu verbieten oder zu meckern, wenn man eine solche Stelle findet oder den Hund sogar vielleicht in Flagranti erwischt, macht also keinen Sinn.
Besser ist, der Ursache für das Verhalten auf den Grund zu gehen und entsprechend Abhilfe zu schaffen.

Alles meins! Oder doch nicht?

Abschließend möchte ich noch loswerden, dass es viele Mythen rund ums Pinkeln unserer Hunde gibt. Ihnen wird vieles unterstellt – oftmals auch, dass sie mit ihrer Markiererei die Weltherrschaft an sich reißen wollen.
Wenn du die Hunde ganz in Ruhe und wertfrei und mit den Infos aus diesem Artikel beobachtest, dann wirst du – genau wie ich – zu einem völlig anderen Ergebnis kommen.
Wichtig finde ich, dass wir unseren Hunden gegenüber fair sind. Gerade beim Pinkeln und der Wahrnehmung der ganzen Informationen, sind wir halt aufgrund unseres viel schlechteren Nase einfach raus und es gibt Dinge, die wir uns schlichtweg nicht vorstellen können.
Also sollten wir auch vorsichtig mit Unterstellungen sein.

Autorin: Christiane Jacobs

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