Immer wieder höre ich, wie Hundehalter sich beim Start in das positive Training mit dem Clicker/Markerwort darüber Gedanken machen, dass sie falsches Verhalten verstärken, wenn sie im ungünstigen Moment clickern. Dabei stoße ich auf Fragen wie:
- „Was ist, wenn mein Timing nicht stimmt und ich zu früh oder zu spät clicker?“
- „Was passiert, wenn mein Hund ganz schnell, ganz viele erwünschte Verhalten zeigt und ich gar nicht so schnell clickern kann, wie ich Futter verteilen kann?“
- „Was passiert, wenn ich geclickt habe und mein Hund danach ausrastet, also noch bevor er seine Belohnung bekommen hat? Hab ich jetzt das Ausrasten verstärkt und mein Hund macht es jetzt noch öfter als vorher?“
Genauso ging es mir damals auch als ich das positive Training kennengelernt habe. Ich hatte viele Fragen und immer wieder Angst, was falsch zu machen und damit Schaden anzurichten. Aber mal Hand aufs Herz! Hatte ich mir vorher auch so viele Gedanken gemacht? Hatte ich mich gefragt, was genau passiert, wenn ich mit meinem Hund schimpfe oder sonst negativ auf ihn einwirke?
Ehrlich gesagt: Nein! Dass beim Strafen das Timing eigentlich noch viel wichtiger ist als beim positiven Verstärken, wusste ich damals schlichtweg nicht. Und dass der Hund Verknüpfungen macht mit allem möglichen, was gerade noch so in der Situation ist, wusste ich auch nicht. „Verknüpfungen?“ fragst du jetzt. Ja, genau.
Mal ein Beispiel: Ich übe mit meinem Hund Leinenführigkeit. Ich bin voll darauf konzentriert, dass er ja nicht an der Leine zieht. Tut er es doch, rucke ich einmal kurz an der Leine und sage laut und deutlich zu ihm „NEIN“. Was ich in dem Moment nicht sehe, es kommt uns ein Mann mit Kind entgegen, auf der anderen Seite eine Frau mit Hund, es fährt ein Auto vorbei und ein Radfahrer ist auch noch in der Nähe. „Ja und?“ fragst du jetzt. In dem Moment, wo ich an der Leine rucke, tut das meinem Hund weh und das, was er in dem Moment noch sieht, verknüpft er unter Umständen mit dem Schmerz/dem unangenehmen Gefühl. D.h. es kann passieren, dass der Hund in Zukunft ein Problem mit anderen Hunden, Männern, Frauen, Kindern, Autos und/oder Fahrradfahrern hat, weil er gelernt hat, es tut weh, wenn sowas in seiner Nähe ist. Klar muss das nicht jedes Mal so passieren, aber die Gefahr ist recht groß, dass es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt.
Und dann das Timing. Ich strafe z.B. zu spät. Als Beispiel: Mein Hund läuft weg und auf mein Rufen reagiert er nicht. Irgendwann kommt er dann doch und ich schimpfe wirklich böse mit ihm, damit er beim nächsten Mal weiß, dass ich nicht möchte, dass er wegläuft. Tja, aber mein Timing war leider sehr schlecht! Ich bestrafe das zuletzt gezeigte Verhalten. In diesem Fall habe ich also das zurückkommen bestraft. So wird er weiterhin abhauen, aber noch seltener zurückkommen.
Wir halten also fest, ich hemme bei Strafe oftmals durch mein schlechtes Timing Verhalten, was ich eigentlich öfter haben möchte, verhindere aber nicht das Unerwünschte, weil mein Hund es einfach nicht verstehen kann, wenn ich den Zeitpunkt verpasst habe. Ich füge was Unangenehmes für meinen Hund hinzu, was unsere Beziehung beeinträchtigt und für uns beide keinen Spaß bringt. Außerdem besteht immer die Gefahr, dass ich Verknüpfungen beim Hund herstelle, die weitere unerwünschte Verhaltensweisen mit sich bringen und auf die ich wenig Einfluss habe. Das alles passiert, weil die Emotionen im Hund Negative sind und dadurch das Lernen oft viel intensiver ist, weil der Hundeorganismus sich natürlich vor Schaden schützen will, um unbeschadet durchs Leben zu kommen.
Was passiert jetzt, wenn ich mit meinem Hund clicker? Hab ich da auch so viele Nebenwirkungen zu befürchten? Wie wichtig ist mein Timing? Klar, Timing ist wichtig, damit ich meinem Hund sagen kann, das was du gerade jetzt machst, das finde ich gut, das möchte ich in Zukunft öfter sehen und dafür kriegst du jetzt eine Belohnung.
Nehmen wir noch mal das Beispiel mit der Leinenführigkeit. Ich übe also wieder mit meinem Hund und jedes Mal, wenn die Leine locker ist, click ich und gebe meinem Hund einen Keks. Genauso wie beim ersten Mal sind wieder die anderen Menschen, der Hund, Auto und Radfahrer in der Nähe. Mein Hund sieht die, lernt aber dieses Mal, dass es okay oder sogar toll ist, wenn sie in der Nähe sind, weil es lecker Kekse gibt. Natürlich lernt er dabei auch an lockerer Leine zu laufen.
Jetzt ist mein Timing schlecht und ich clicker, als die Leine auf Spannung ist. Mein Hund bekommt natürlich trotzdem seinen Keks, weil der Click ein Versprechen auf eine Belohnung ist. Was ist nun passiert? Hab ich das Leineziehen verstärkt?? Eher unwahrscheinlich. Ich hab im Vorfeld zig mal richtig geclickert als die Leine locker war, ich hab also schon jede Menge richtige Lernerfahrungen beim Hund abgespeichert. Ggf. ist mein Hund ein klein bisschen irritiert, aber mein kleiner Fehler wird schnell vergessen sein, wenn ich jetzt wieder die lockere Leine clicker. Das Schöne an meinem Fehler: er hatte keine negativen Nebenwirkungen für meinen Hund!
Also, wir halten fest. Beim Clickertraining können wir viel weniger falsch machen, als wenn wir über Strafen arbeiten. Klar ist ein gutes Timing wichtig, aber wir haben viel weniger Nebenwirkungen und viel mehr Spaß im Training. Beide, du als Mensch und dein Hund sowieso! Also, trau dich einfach und leg direkt los! Es müssen übrigens nicht unbedingt Leckerchen sein, die dein Hund als Belohnung bekommt. Auch andere Belohnungen können effektiv eingesetzt werden :-).
Autorin: Christiane Jacobs
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