Bei den 4 F’s handelt es sich um die Begriffe freeze (einfrieren), fight (kämpfen), flight (flüchten) und fiddle about (herumkaspern, herumalbern). Sie beschreiben die Reaktion unserer Hunde in bedrohlichen Situationen und ich möchte dir kurz erklären, was sich dahinter verbirgt.
Vorneweg: Auch wir Menschen reagieren in diesen vier Kategorien, wie ich an einem Beispiel erläutern möchte:
Kennst du das, wenn du im Sommer auf der Terrasse sitzt, ein schönes Stück Kuchen steht vor dir und du willst dir gerade das erste Stück auf die Gabel schieben – Zack – ist die erste Wespe da!
Wespen wirken auf die meisten von uns bedrohlich, da ein Stich schmerzhaft ist und im schlimmsten Fall noch eine Allergie auslöst. Hier reagieren wir Menschen ganz unterschiedlich:
Die einen bleiben stocksteif sitzen und frieren quasi ein (freeze), aus Angst, durch eine unachtsame Bewegung die Wespe zum Stechen zu reizen.
Manche fangen auch an, wie wild um sich oder nach der Wespe zu schlagen (fight),
andere wiederum springen auf und flüchten (flight).
Der ein oder andere versucht vielleicht, seine Nervosität mit einem Witz zu überspielen (fiddle about).
Auch unsere Hunde haben in ihrem Alltag häufig Situationen, in denen sie in eine für sie beunruhigende Situation geraten, z.B., wenn sich ein fremder Artgenosse nähert. Je nachdem wie sich dieser annähert, kann sich ein Hund bedroht fühlen – er weiß ja nicht, wie sich der andere Hund letztendlich verhalten wird. Auf die Bedrohung reagieren sie sehr unterschiedlich:
Unter Flucht fällt alles, was die Distanz zum Auslöser der Bedrohung vergrößert. Manche Hunde drehen sich um und rennen in hohem Tempo weg, dann ist das Verhalten sehr eindeutig zu erkennen. Manchmal ist das Flüchten aber auch etwas weniger spektakulär und unauffällig, indem der Hund vielleicht ausweicht, einen Bogen läuft oder auch nur den Körperschwerpunkt vom Angstauslöser wegbewegt.
Freeze (einfrieren) (weiterer Link)
Hier erstarrt der Hund und verharrt bewegungslos in der Situation. Er befindet sich in einem Konflikt zwischen Angriff und Flucht und hat eine sehr hohe Körperspannung. Dieser Vorgang wird nicht willentlich gesteuert, sondern läuft automatisch ab. Gesteuert wird er vom Mandelkern (Amygdala), einem Bereich des Gehirns, der alle eingehenden Reize erst einmal emotional bewertet.
Dieses Verhalten verläuft von uns häufig unbemerkt, weil es so unauffällig ist. Dabei sollten wir unbedingt darauf achten, wenn der Hund „einfriert“. Es ist ein Warnsignal, der Hund kann hierauf mit Flucht reagieren, er kann aber schnappen oder sogar beißen. Das passiert vor allem dann, wenn eine Flucht nicht möglich ist (z.B. auf dem Behandlungstisch des Tierarztes).
Für diese Strategie gibt es verschiedene Ansätze. Hier kann man sowohl Verhalten sehen, das an Spiel erinnert, manchmal kann es aber auch eine Art Übersprungverhalten sein und der Hund zeigt vielleicht ein Gähnen oder Kratzen.
„Fiddeln“ oder auch „flirten“ (beides ist im Sprachgebrauch üblich) wird von uns Menschen häufig als Spiel interpretiert, da der Hund herumhüpft, manchmal sieht man auch eine Vorderkörpertiefstellung. Für uns als Menschen wirkt das oft lustig oder niedlich, im Endeffekt ist das Verhalten aber Ausdruck von Unsicherheit und von Aufregung, die mit Bewegung kompensiert wird. Außerdem signalisiert dein Hund einem Artgenossen so, dass er nicht an Streit interessiert ist, so nach dem Motto: „Schau mal, ich bin total witzig unterwegs.“. Manche Hunde fallen dabei in solche Aufregung, dass sie sich nur schwer beruhigen können und so auf andere Hunde erst recht „nervig“ wirken.
Wird die Aufregung zu groß, kann auch ein Aufreiten gezeigt werden. Das hat dann keinen sexuellen Hintergrund, sondern dein Hund versucht eventuell Anspannung abzubauen oder es ist schlicht und ergreifend eine Übersprungshandlung, die aus der Überforderung heraus gezeigt wird.
Diese Strategie soll den bedrohlichen Reiz durch Angriff vertreiben und ist für uns Menschen meistens die unangenehmste. Häufig zeigen die Hunde bellen an der Leine oder gehen sogar nach vorne, wenn der Auslöser zu nah kommt.
Aggressives Verhalten zeigt dein Hund meistens erst dann, wenn er die Erfahrung gemacht hat, dass die anderen Strategien nicht zum Erfolg führen, denn es ist mit dem höchsten Risiko verbunden, selbst verletzt zu werden.
Deshalb ist es so wichtig, dass du bei deinem Hund lernst, ein einfrieren oder auch ein fiddeln zu erkennen und von Spiel zu unterscheiden. Wenn du die Bedürfnisse und Emotionen deines Hundes erkennst und ihm in solchen Situationen hilfst, kann er letztendlich deutlich entspannter durchs Leben gehen.
Es kann für deinen Hund sehr anstrengend sein, auf einem Spaziergang mehrfach mit bedrohlichen Reizen konfrontiert zu werden. Diese können je nach Individuum alles Mögliche sein: Hunde, Wanderer, Radfahrer, Autos, usw.
Die Strategie, die dein Hund wählt, hängt unter anderem von seinen gemachten Erfahrungen ab, teilweise verlaufen die Reaktionen aber auch automatisch und der Hund verlässt den bewusst denkenden Bereich.
Er reagiert dann reaktiv und kann sein Verhalten oftmals kaum oder gar nicht mehr willentlich beeinflussen.
Autorin: Nadine Schiffer
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