Damit dein Hund entspannt durch euer gemeinsames Leben gehen kann, ist es wichtig, dass er sich an die Umweltreize gewöhnt, die euch so in eurem Alltag begegnen.
Da unsere Hunde alle Individuen sind, fällt es dem einen einfacher und dem anderen schwerer. Es ist neben der Persönlichkeit deines Hundes davon abhängig, was er schon an Vorerfahrungen gemacht hat. Selbst bei Welpen kann es da in den ersten Wochen zu einem „zu viel“ oder auch „zu wenig“ an Reizen gekommen sein. Auch die Stressanfälligkeit der Mutterhündin spielt z.B. eine Rolle, wie gechillt der Hund sich später im Leben zurechtfindet und wie gut er sich an Reize gewöhnt. Die einen brauchen mehr, die anderen einfach weniger Unterstützung dabei.
Mit den wichtigsten 5! habe ich auch diesmal wieder eine gute Übersicht geschaffen, was beim Thema Umweltreize und Gewöhnung wichtig zu wissen ist. Lass uns mal gleich mit Punkt 1 starten:
Punkt 1: WICHTIG! Dein Hund gewöhnt sich nicht automatisch an Dinge, die er gruselig findet! Aussagen wie „Da gewöhnt der sich schon dran!“ sind also oftmals absolut fehl am Platz.
Gar nicht mal selten sehe ich verängstigte oder gestresste Hunde, die in Situationen gebracht werden, die sie schlichtweg überfordern. Zum Beispiel, wenn dein Hund Angst vor Kindern hat, macht es wenig Sinn, ihn zu Pausenzeiten an Schulhöfen auf und ab zu führen.
Um sich an einen Reiz zu gewöhnen – ihn als „unwichtig für die eigene Sicherheit“ abzuspeichern – muss er vom Gehirn eben auch als solches wahrgenommen werden. Dies geschieht nicht, wenn dein Hund in dem Moment mit der Situation überfordert ist.
Die Gefahr, dass er überreagiert (also in dem Moment UND in Zukunft noch heftiger auf den Reiz reagiert) oder sogar in eine erlernte Hilflosigkeit kippt, ist mit dem Trainingsansatz der Reizüberflutung (Flooding) leider deutlich wahrscheinlicher.
Punkt 2: Dein Hund entscheidet, was ihm unheimlich ist. Selbst wenn du das Ganze als harmlos einstufst.
Oftmals sind es für uns Dinge oder Lebewesen, von denen aus unserer Sicht überhaupt keine Gefahr ausgeht. Dein Hund kann das aber tatsächlich ganz anders sehen als du. Das liegt zum Teil mit Sicherheit auch daran, dass er die Welt ganz anders wahrnimmt als wir Menschen es tun. So sieht, riecht und hört er zum Teil ganz anders als wir.
Da macht es wirklich Sinn, dass du dich ein bisschen mit der Körpersprache deines Hundes auskennst und erkennst, wenn er z.B. Meideverhalten zeigt. Dann kannst du ihn gezielt unterstützen.
Punkt 3: Lass deinem Hund den Abstand zum Objekt / Mensch / Tier, den er braucht, um das Ganze entspannt wahrzunehmen.
Nicht immer ganz einfach, aber es lohnt wirklich sehr, wenn dein Hund seinen Wohlfühlabstand bekommt. Das ist der Abstand, den er braucht, um sich entspannt mit dem Reiz auseinanderzusetzen. Und nein, er muss nicht zwingend direkt an alles rangehen, um sich daran zu gewöhnen. Aber lass ihn gerne in Ruhe gucken (sofern es sich nicht um andere Lebewesen handelt, die sich ggf. durch das lange Hingucken, bedroht fühlen). Und da sind wir auch schon bei Punkt 4!
Punkt 4: Dein Hund braucht Zeit. Unsere Hunde müssen sich in aller Ruhe mit Dingen auseinandersetzen können.
Die Zeit ist mindestens genauso wichtig, wie der ausreichende Abstand. Bei meinem Hund ist es oft so, dass er sich Dinge eine ganze Weile lang anschaut. Wenn er mag, darf er dann auch hingehen (bei Gegenständen, bei Lebewesen respektiere ich natürlich auch deren Bedürfnisse).
Nach Hundebegegnung, ohne direkten Kontakt, schaut und schnüffelt er zum Beispiel auch gerne hinter den Hunden her – natürlich in ausreichend Abstand. Das gibt ihm die Möglichkeit, sich in aller Ruhe mit dem Gegenüber auseinanderzusetzen, ohne in den Direktkontakt zu müssen. Das hat uns im Laufe der Zeit extrem viel Entspannung in Hundebegegnungen gebracht.
Punkt 5: Unterstütze deinen Hund, wenn er Hilfe benötigt. Locke ihn aber bitte nicht mit Futter oder ähnlichem irgendwohin, wo er nicht von allein hingehen würde.
Unterstützung ist gut, die gibst du deinem Hund, indem du ihm zum Beispiel Mut zusprichst oder ihn ermunterst, sich das Ganze in Ruhe anzuschauen. Ich habe bei meinem Hund ein Signal aufgebaut, das heißt: „Das schaffst du!“ – das habe ich bei ganz einfachen Dingen immer gesagt und mittlerweile kann ich ihm so auch Mut bei schwierigeren Dingen machen. Ansonsten lobe ich jede Annäherung, locke ihn aber nicht mit Futter oder Spielzeug an irgendwas näher ran.
Das Locken über Futter und Co. ist zwar gerade bei verfressenen Hunden verlockend, aber du hast immer die „Gefahr“ mit im Boot, dass dein Hund sich eben nur wegen des Futters überwindet, das Gruselige aber weiterhin gruselig findet. Und er soll es ja als neutral wahrnehmen, damit er sich möglichst dran gewöhnt und es als harmlos einstuft.
Fazit:
Eigentlich ganz einfach, oder? Aber gerade bei einem ängstlichen Hund macht es Sinn, sich gute Hilfe mit an die Seite zu nehmen. Wenn du siehst, dass dein Hund vor vielen Dingen Angst hat oder unsicher reagiert, dann trainiere gezielt daran. Da die richtigen Werkzeuge an die Hand zu bekommen, damit ihr besser durch den Alltag kommt, ist wirklich Goldwert.
Eine Gewöhnung an Umweltreize kann übrigens in jedem Alter stattfinden. Umso entspannter dein Hund durch den Alltag gehen kann, umso höher ist seine Lebensqualität.
„Die wichtigsten 5!“ ist eine Serie von Sprich Hund. Die Karten dazu gibt es hier im Shop: Sprich-Hund-Shop.
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