Der Wunsch nach Abstand wird von vielen Hunden in Hundebegegnungen sehr klar kommuniziert. Da wird gebellt, geknurrt, nach vorne gesprungen und sofort ist uns Menschen klar: „Okay, der Hund möchte Abstand!“
Kommt uns so ein Hund entgegen, machen wir mit unserem Hund einen Bogen und gehen direkt weiter – eine Unterhaltung mit dem anderen Menschen ist eh nicht möglich wegen dem Krach.
Und dann gibt es die „Leisen“, die die keinen Mucks sagen im Vorfeld!
Wirklich??? Die sagen NICHTS???
Oh doch! Die Körpersprache sagt ganz viel – nur leider achten wir Menschen meist nicht auf die „leisen Töne“ und unser Hund ist ggf. viel zu aufgeregt, um auf die deutliche Körpersprache des anderen Hundes zu reagieren.
Mein Knicka ist z.B. so einer! Kein Mucks kommt in der Regel von ihm – aber trotzdem droht er sehr deutlich und bittet um Abstand bzw. teilt dem anderen Hund mit, dass er nicht näherkommen soll.
Damit du dir das besser vorstellen kannst, hab ich dieses Video für dich:
Was sieht man körpersprachlich in dem Video bei Knicka? Er steht gerade zu Anfang stocksteif da (er befindet sich im Freeze). Seine Körperachse ist frontal auf den anderen Hund ausgerichtet und er schaut ihn direkt an. Alle Körpersignale gehen nach vorne/oben. Bei vielen Hunden ist das übrigens der Moment, wo sie sich hinlegen, die Intention dahinter ist in den meisten Fällen dieselbe.
Als Knicka sich in Bewegung setzt, sind die Bewegungen sehr staksig. Der Kopf wird auf Höhe der Rückenlinie abgesenkt und er geht so frontal auf den anderen Hund zu.
In der ersten Sequenz stoppe ich die Situation, indem ich den anderen Halter bitte, seinen Hund nicht noch näher ranzulassen und ich halte meinen durch die Leine zurück.
In der zweiten Sequenz ist der Dackel viel zu nah als ich ihn bemerke (übrigens hab ich ihn nur bemerkt, weil ich die Drohkulisse von Knicka gesehen habe).
Der Dackel hat die Individualdistanz von Knicka deutlich unterschritten und nun ist ein Direktkontakt unausweichlich. Aufgrund der vorher sehr angespannten, drohenden Kommunikation war klar, dass dieser Direktkontakt schnell kippen kann. Sehr hohes Erregungslevel bei Knicka, was ihn reaktiv handeln lässt. Viel Spielraum für überlegtes Verhalten ist da nicht mehr. Eine falsche Bewegung vom anderen Hund – hier war es das Laufen in Richtung von Knickas Decke - und Knicka geht in der Eskalationsleiter noch eine Stufe weiter nach oben. Einfach, weil seine Signale im Vorfeld komplett ignoriert wurden.
Ergänzen möchte ich an dieser Stelle, dass der Dackel natürlich nicht einfach nur ignorant ist oder stur sein Ding durchzieht und es ihm schlichtweg egal ist, was Knicka ihm da signalisiert.
Oftmals sind die Hunde in der Annäherung so aufgeregt, dass sie kaum oder gar nicht mehr auf die Signale vom Gegenüber reagieren können. Es kann gut sein, dass sie in der Vergangenheit gelernt haben, dass ihr Mensch sie an der Leine in die Situation führt und sie gar nicht die Möglichkeit haben, nicht zu dem anderen Hund hinzugehen.
Und da sind wir als Hundehalter gefragt! Schau hin, wenn euch ein Hund entgegenkommt und unterstütze deinen Hund, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Autorin: Christiane Jacobs
Du möchtest dir den Artikel abspeichern? Dann geh einfach auf den “Herunterladen-Button”. Du darfst den Artikel auch gerne ausdrucken und verteilen. Bitte beachte dabei das Urheberrecht und verändere die PDF nicht.