Ich trainiere meinen Hund positiv (angelehnt an die Leitsätze von Trainieren statt dominieren). Als ich diese Art des Trainings – das Training über möglichst viel positiver Verstärkung (also Belohnungen) kennengelernt habe, war ich direkt begeistert und fasziniert. So hatte ich mir unser Leben vorgestellt. Training, das Spaß macht. Ein Hund, der gerne mitarbeitet, der seine Bedürfnisse kundtun darf und die dann – soweit möglich – berücksichtigt werden. Aber auch ein Training, wo mein Hund die Grenzen und Regeln in seinem Leben kennenlernt. Ein Training, wo ich der beste Freund für meinen Hund sein darf.
Ich möchte hier erklären, wie diese Art des Trainings funktioniert. Wie ich und die Trainer, die sich dieser Art des Trainings angeschlossen haben, trainieren. Ich glaube, anhand von praktischen Beispielen wird das am deutlichsten 🙂 .
Bevor wir aber zum Praktischen kommen, noch ganz kurz ein bisschen Theorie zum Thema lernen. Übrigens lernen ALLE Hunde so (wir Menschen auch 😉 ).
Egal, welche Trainingsart du anwendest, sie unterliegt diesen Lerngesetzen.
Vielleicht sind sie dir schon mal über den Weg gelaufen?! Die 4 Konsequenzen/Quadranten, die entscheiden, ob ein Verhalten in Zukunft öfter oder seltener gezeigt wird. Positive Verstärkung, Negative Verstärkung, Negative Strafe und Positive Strafe. Wem das noch gar nichts sagt, klickt bitte die einzelnen Punkte an und liest dort weiter.
Hier sei gesagt:
Unsere Hunde zeigen Verhalten, was sich für sie lohnt, Unangenehmes möchten sie vermeiden -> da sind sie uns Menschen also schon mal sehr ähnlich 😉 .
Wenn unsere Hunde ein Verhalten immer wieder zeigen, wird es belohnt/verstärkt (es lohnt sich also irgendwie für sie) und wenn sie es seltener oder gar nicht mehr zeigen wird es gehemmt (sie wollen die Konsequenz darauf also vermeiden). Das hängt nicht immer nur mit uns zusammen, sondern oftmals kommen Belohnungen oder Unangenehmes auch durch die Umwelt, in der wir mit unseren Hunden leben. Wollen wir Verhalten bei unserem Hund verändern, dann unterliegt das auch genau diesen „Gesetzen“.
Aber nun zurück dazu, wie ich trainiere 🙂 !
Als allererstes lege ich für das Zusammenleben mit meinem Hund die Regeln fest. Was darf er? Was darf er nicht? Darf er aufs Sofa/auf die Couch (es spricht übrigens NICHTS dagegen sich die Couch/das Bett mit seinem Hund zu teilen)? Wie stelle ich mir eine Leinenführigkeit vor? Welche Signale/Kommandos soll er können (sitz, platz, bleib,…)? Ich entscheide, was für uns wichtig ist und was mein Hund können soll!
Und dann geht’s ab ans Zusammenleben 🙂 . Im Alltag schaue ich gerne, was mein Hund schon alles richtig macht. Ich lege also den Fokus auf das Positive – das richtige Verhalten (wer viel richtig macht, kann weniger falsch machen 😉 ) Und das belohne ich! Was nicht bedeutet, dass ich permanent Futter in meinen Hund reinstopfe 😉 . Oftmals möchte mein Hund viel lieber gelobt werden oder z.B. zur Schnüffelstelle weiter gehen. Schaut er mich kurz bevor er buddeln gehen möchte, nochmal an, dann marker ich das und schicke ihn als Belohnung zum Buddeln.
Warum? Weil ich so erreiche, dass er mich immer öfter mal anschaut. Das ist wichtig, weil wir so in Kontakt bleiben. Außerdem habe ich die Möglichkeit, ihm zu sagen, dass buddeln heute vielleicht nicht passt. Weil wir es gerade eilig haben 🙂 .
Arbeite ich rein über positive Verstärkung?
Nein! Natürlich nicht. Es gibt viele Situationen, wo ich die anderen Konsequenzen auf dem Schirm haben muss und auch einsetze.
Nehmen wir uns mal die negative Verstärkung vor:
Immer wenn etwas Unangenehmes für unseren Hund aufhört, verstärkt das das gezeigte Verhalten. Ich setze z.B. negative Verstärkung ein, wenn wir an Hundebegegnungen trainieren. Mein Hund gruselt es etwas vor anderen Hunden. Ich habe ihm im Vorfeld beigebracht einen Bogen laufen zu können und setze dies nun in Begegnungen ein. Mein Hund sieht einen anderen Hund und läuft auf mein Signal hin einen Bogen. Dadurch wird der Abstand zum anderen Hund größer – das Unangenehme ist also weiter weg – das fühlt sich gut an. Und schon zeigt mein Hund genau dieses Verhalten, nämlich das Bogen laufen, immer häufiger in Hundebegegnungen.
Negative Verstärkung ist übrigens auch ein ganz wichtiger Punkt bei der Fellpflege. Dort setze ich sie nicht gezielt ein, ich muss sie aber im Hinterkopf haben. Wenn ich meinen Hund bürste und jedes Mal aufhören würde, wenn er zappelt oder nach der Bürste beißt, dann würde ich genau diese Verhaltensweisen verstärken. Weil dadurch das unangenehme Bürsten aufhört.
Bürste ich nun einfach weiter bis er stillhält und halte ihn dabei ggf. sogar noch fest, kann das funktionieren, fühlt sich aber für den Hund nicht schön an und er nimmt genau dieses Gefühl mit ins nächste Bürsten -> verknüpfte Emotionen.
Da Bürsten ein Leben lang nötig ist, setze ich hier lieber auf positive Verstärkung – belohne also schon vorher, bevor der Hund anfängt zu zappeln. Und bringe ihm so bei, dass es sich für ihn lohnt sich bürsten zu lassen 🙂 .
Setze ich auch negative Strafe ein? Ja, auch das kommt vor. Ich gestehe, ich mag es nicht, aber es lässt sich gar nicht vermeiden. Immer wenn ich meinem Hund etwas Angenehmes vorenthalte, arbeite ich über negative Strafe. Ein Beispiel: Mein Hund spielt gerade mit seinem Hundekumpel. Ich möchte nach Hause und rufe ihn zu mir, Leine ihn an und wir gehen von der Hundewiese weg. Für meinen Hund hat sich das Kommen zu mir also nicht gelohnt. Würde ich meinen Hund immer nur in solchen Situationen zu mir rufen, dann würde er irgendwann auf meinen Rückruf nicht mehr reagieren. Schlichtweg, weil es sich für ihn absolut nicht lohnt. Und da reicht es auch nicht, wenn ich ihm ein ganz tolles Stück Futter gebe, wenn er bei mir ankommt. Mein Hund ist in dem Moment nicht wild auf Futter, liebt aber das Spiel mit seinem Hundekumpel. Und da sind wir an einem weiteren ganz wichtigen Punkt. Wenn ich über positive Verstärkung arbeite, also Verhalten belohnen möchte, dann muss die Belohnung zu dem Bedürfnis des Hundes passen! In diesem Fall wäre das zurückschicken zum Hundekumpel die passende Belohnung – aber kein Futterbrocken!
Ich gestehe, das ist nicht ganz einfach und man muss sich natürlich ein Stückweit in den Hund und seine Bedürfnisse reindenken. Aber wenn man die einfache Regel „Verhalten was sich lohnt, wird öfter gezeigt und Verhalten, was sich nicht lohnt, wird weniger gezeigt“ im Hinterkopf hat, dann kommt man schon ziemlich schnell darauf, warum ein Signal/Kommando nicht richtig funktioniert. Das liegt nämlich nicht daran, dass unsere Hunde stur sind, sondern vielmehr, dass wir eben die obigen Punkte nicht gescheit beachtet haben.
Zu guter Letzt kommen wir jetzt noch zur positiven Strafe! Setze ich die bewusst ein? Nein, das tu ich nicht, weil ich es einfach unfair finde und es unnötig Vertrauen zerstört! Und zudem ist es auch nicht ganz einfach - das erkläre ich dir hier!
Aber trotzdem komme ich nicht drum herum, dass es für meinen Hund auch einmal unangenehm wird. Zum Beispiel wenn ich aus Versehen auf die Leine trete und mein Hund daraufhin einen kräftigen Ruck bekommt. Oder in einem Notfall, wenn plötzlich Gefahr besteht und ich reagieren muss, damit niemand zu Schaden kommt. Aber das sind bei uns absolute Ausnahmesituationen, die wirklich sehr selten vorkommen.
Dein Hund entscheidet übrigens, wie eine Konsequenz bei ihm ankommt. Er kann es dir nicht sagen, aber oftmals kannst du es anhand seiner Körpersprache ablesen.
Als Beispiel: Du möchtest deinem Hund beibringen, dass er nicht an Essbares dran geht, was dir ggf. mal runterfällt. Du wirfst nun also ein Stück Käse vor euch hin auf den Boden. Dein Hund will dran gehen und du korrigierst ihn mit einem lauten Zischen oder auch einem deutlichen NEIN.
Oftmals wird ja darüber gestritten, ob das nun eine Strafe ist oder einfach nur eine Korrektur, die deinem Hund hilft im Leben klar zu kommen. Eigentlich stellt sich die Frage so gar nicht. Schau dir deinen Hund in den Folgesituationen an. Wie verhält er sich, wenn du wieder ein Stück Käse auf die Erde wirfst? Er geht nicht mehr hin? Dann hast du sein Verhalten gehemmt, es wirkt also Strafe – egal, wie du es nennst. Dein Hund will nun vermeiden, dass es wieder unangenehm für ihn wird. Meistens siehst du dann bei deinem Hund auch körpersprachliche Signale, wie Meideverhalten und/oder Stressanzeichen. Dass sich das dann nicht gut für deinen Hund anfühlt, dürfte logisch sein, oder? Bitte schau da genau hin und überdenke ggf. deinen Trainingsansatz noch mal!
Und natürlich trainiere auch ich, dass mein Hund nicht einfach frisst, was mir auf die Erde fällt 😉 . Aber tatsächlich trainiere ich das über positive Verstärkung. Verstärken tu ich in dem Moment den Blick zu mir und das Abwarten, ob ich das Stück Käse freigebe oder nicht 🙂 . Das funktioniert und mein Hund hat Spaß dabei und das sieht man ihm auch an!
Und mal ganz ehrlich, wie soll dein Hund wissen, dass ein Stück leckerer Käse nicht für ihn ist, wenn du es ihm vor die Füße wirfst???? Aus Hundesicht völlig unverständlich und da sind wir dann in der Pflicht, unseren Hunden fair und verständlich beizubringen, was wir von ihnen erwarten! Das schafft Vertrauen und Bindung!
Autor: Christiane Jacobs
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